Wie du schneller Musik auswendig lernst

Mit dem Musik auswendig Lernen verhält es sich so: Entweder man kann das einfach, oder man hat eine längere Geschichte zu erzählen.

Eines der häufigsten Fragen zum Thema “Musik auswendig lernen”, die ich bekomme, lautet:

"Wie kann ich schneller Musik auswendig lernen?"

Meine Antwort auf diese Frage kann sowohl diejenigen unterstützen, die bereits in der Lage sind, Musik auswendig zu lernen, als auch diejenigen, die das noch nie gemacht haben oder von sich denken, dass sie das nicht können.

Mein Seminar “Music by heart” ist die Antwort auf diese Frage – hier möchte ich die wichtigsten Tipps und Hinweise skizzieren, damit du deinen Lernprozess selbst in die Hand nehmen kannst.


Die vier Grundprinzipien des Musik auswendig Lernens

Es gibt zunächst einige Grundprinzipien des Musik auswendig Lernens, die universell sind.

Diese Grundprinzipien werden also auch gültig für dich sein, wenn du noch nie ein Stück auswendig lernen konntest, oder wenn du denkst, dass du zu langsam bist. Ebenso kannst du sie anwenden, wenn du mit Schülern arbeitest, die sich Musik nicht merken können.

Wenn du diese Prinzipien respektierst, wirst du schneller deine Musik auswendig lernen.


Grundprinzip Nummer eins: Mehr ist nicht unbedingt gleich mehr.

Unser Gehirn ist nicht in der Lage, und wurde auch nicht dafür entwickelt, pausenlos zu lernen, es ist sogar so, dass wir ab einem bestimmten Punkt nicht mehr so gut lernen, und sogar beginnen, Fehler zu machen. Daher gilt es, zu respektieren, dass dein Gehirn Pausen brauchst. Dein Gehirn nutzt diese Pausen, um das Gelernte selbständig zu vertiefen und zu verknüpfen. Es lernt also für dich. Ein Verständnis dafür, wie dein Gehirn lernt, ist also von erheblichem Vorteil.


Grundprinzip Nummer zwei: Man muss es verstanden haben.

Das gilt natürlich für alles, was wir lernen. Das “Verstehen” bezieht sich im Falle von Musik darauf, nicht einfach nur die Noten hintereinander einzupauken, sondern, zu verstehen, wie diese Noten und Musikbausteine zu einer emotionalen Aussage zusammengefasst und ausgedrückt werden. Es ist dabei hilfreich, Musiktheorie zu verstehen, jedoch ist es nicht notwendig. Du kannst dir Fragen stellen wie: Wohin bewegt sich diese Phrase? Was ist ihr Höhepunkt und woran merke ich das? Was gibt es hier noch an musikalischen Elementen, die die emotionale Aussage unterstützen? Wo beginnt eine Antwort auf diese Phrase oder eine andere Aussage? Woran merke ich das? etc.


Grundprinzip Nummer drei: ein Bewusstsein für den Prozess zu entwickeln

Lernen ist ein Prozess, der nicht linear verläuft (siehe Grundprinzip Nummer 1). Je mehr du dein Lernen also von außen betrachten kannst, sprich mit einem gewissen Abstand, desto eher wirst du Einfluss nehmen können. So kommst du schneller voran. Das gilt aber nicht nur für das Thema der Pausen, wie bei Grundprinzip Nummer 1. Das gilt insbesondere auch für die Fülle an Ebenen, die das musikalische Gedächtnis mit sich bringt. Damit die Musik im Gedächtnis bleibt, ist es wichtig, diese Ebenen miteinander zu verknüpfen. Das ist der Grund, warum die meisten scheitern. Insbesondere finde ich notwendig, nicht nur den bevorzugten Lernkanal zu bespielen (etwa auditiv, visuell, haptisch, etc.), sondern so viele Kanäle wie möglich, und diese auch zu verknüpfen. Mehr zu den Ebenen des musikalischen Gedächtnisses findest du weiter unten.


Grundprinzip Nummer vier: ein Bewusstsein für den Kontext zu entwickeln

Im Thema Kontext liegt viel gespeichert von dem, wie du dein Gehirn auf deine maximale Leistung bringen kannst. Unser Gehirn ist dafür gemacht, sich zu merken, wo wir waren. Kontext betrifft also nicht nur “wo bin ich gerade im Stück”, sondern auch etwa “wo befinde ich mich jetzt gerade im Raum” und alles, was damit zusammenhängt: Lichteinfall, Ort, Farben, Wohlbefinden im Raum, etc. Wir tendieren dazu, in einem bevorzugten Überaum zu üben, und es ist gerade das Verändern des Raumes, was das auswendig Vortragen stärken oder schwächen kann. Aber auch in der Musik selbst, die wir versuchen zu lernen, können wir ein Bewusstsein für den Kontext entwickeln, oder wie wir uns mit einer Kontextveränderung dahingehend unterstützen können, die Musik, die wir lernen, zu vertiefen.

Wenn du diese Prinzipien verstehst und anwendest, kannst du mehr herausholen aus deinem Musik auswendig Lernen. Hier folgen noch einige wichtige Hinweise, die du beim Musik auswendig Lernen beachten solltest.


Weitere wichtige Hinweise zum Thema Musik auswendig lernen und zur Anwendung der Prinzipien

Grundsätzlich kann nichts Zeit ersetzen. Das bedeutet, je früher du anfängst mit dem Musik auswendig Lernen, desto leichter und schneller kannst du das Repertoire auswendig vortragen.

Respektiere dein Lerntempo: Wir haben alle eine ideale Lerngeschwindigkeit. Die kann sich je nach Verfassung oder Tagesform auch ändern. Wenn du langsamer, aber tiefer lernst, kannst du auf deiner idealen Geschwindigkeit vorankommen.

Beachte die Ebenen des musikalischen Gedächtnisses: Wir dürfen uns nicht nur auf unseren bevorzugten Kanal verlassen, um Musik zu lernen, sondern wir dürfen alle Kanäle, alle Ebenen des musikalischen Gedächtnisses anfüttern und miteinander verknüpfen. Die sieben Ebenen des musikalischen Gedächtnisses, definiert vom Musiker und Komponisten Rodolfo Barbacci im Jahr 1965, lauten: Muskulär oder haptisch, Auditiv (innerlich und äußerlich), Visuell, Nominell, Rhythmisch, Analytisch, Emotional. Mehr zu diesen Ebenen und wie du sie miteinander verknüpfst findest du in meinem Seminar “Music by heart”.

Auch das Musik auswendig Vortragen darf geübt werden. Einmal gelernt ist nur gelernt, nicht vorgetragen. Es ist gerade beim Vorspielen oder Vorsingen, dass du das Gelernte vertiefst. Deshalb spielt die Kontextveränderung eine so große Rolle in diesem Prozess. Wenn du also deinen Prozess respektierst und ein Bewusstsein für den Kontext hast, dann kannst du effektiv und am schnellsten deine Musik auswendig lernen. Je bewusster du damit umgehst, desto eher gewöhnt sich dein Gehirn daran und desto schneller kannst du auch vorankommen.

Musik Auswendig Lernen kann auch als Gewohnheit kultiviert werden. Das bedeutet: Je mehr Musik du auswendig lernst, desto mehr Musik kannst du auswendig lernen. Wenn du nur einmal im Jahr ein Stück auswendig lernst, ist das eine ganz andere Sache, als wenn du jeden Monat oder jede Woche ein Stück auswendig lernst. Dein Gehirn gewöhnt sich mit der Zeit daran, dass es etwas gibt, das heißt "auswendig lernen" und dass es das immer wieder übt.

Das Bewusste ins Unbewusste verwandeln: Der Prozess des Musik auswendig Lernens besteht darin, das Bewusste in das Unbewusste zu verwandeln. Sprich: Vom Bewussten in der Musik, das wäre das deklarative Gedächtnis, in diesem Falle die Noten, die Fingersätze, etc. zum Unbewussten in der Musik, also zum impliziten Gedächtnis, also zum Ausdruck dessen, was diese Noten aussagen, zu Spielbewegungen, die von selbst gehen, etc. Wir wollen vom Bewussten ins Unbewusste und auch umgekehrt wechseln können – erst wenn du frei vom einen zum anderen und umgekehrt gehen kannst, bestimmst du über deinen Prozess. Dann übst du auf diesen Prozess am meisten Einfluss. Und das ist dann, wenn du die Musik am schnellsten auswendig lernst.




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