(Randbemerkung: Die vegane Phase dauerte ca. 4 Wochen, dieser Text ist in der Originalform erhalten geblieben.)

Im September 2021 habe ich beschlossen, mich fortan vegan zu ernähren. Aber es ist nicht das, wonach es aussieht.🙈

Irgendwie sträube ich mich dagegen, mich als »vegan« zu bezeichnen. Das liegt vor allem daran, wie manche Veganer sich mir gegenüber in der Vergangenheit benommen haben.

Eine der »lustigsten« Episoden dahingehend war vor einigen Jahren mit einem Musikerkollegen. Ich hatte ihm bei der einen oder anderen Sache geholfen und er wollte mich zum Essen einladen, um sich bei mir zu bedanken. Früher las er in meinen Flowlettern mit, heute nicht mehr. Eigentlich seit dem einen Tag, an dem wir gemeinsam Abendessen waren.


Das Restaurant hatte kaum echte vegane Optionen für ihn. Auf Nachfrage war die Tagessuppe Kürbis, mit Kokosmilch, die bestellte er sich, zusammen mit einem Salat. Irgendwie muss man ja auf seine Kalorien kommen. Ich wählte ein Gericht mit Pute und Kartoffeln, Beilagensalat. Unvermeidlich schwenkte irgendwann die Tischkonversation dann doch auf das Essen.

Manche Veganer können es sich nicht verkneifen, ohne Nachfrage die gesamten wirtschaftlichen und klimatischen Folgen ihrer Ernährung aufzuzeigen, inklusive Methanausstoß jeder Kuh in Deutschland, und der Prognose, bis wann unsere Tage auf Erden gezählt sind durch den egoistischen und hedonistischen Fleischkonsum von Menschen, die aber auch gar kein Herz für die schwächsten Wesen dieser Erde haben und deren toten Überreste gedankenlos in sich hineinschaufeln.

Während sein Wortschwall auf mich einprasselte, konnte ich in dem Moment nur erwidern, dass ich wohl kaum gedankenlos Fleisch aß, als ob es das selbstverständlichste der Welt wäre. Von der CO2-Bilanz der Kokosmilch mal abgesehen. Stattdessen versuchte ich, jedes Mal bewusst und in Dankbarkeit mein Gericht zu essen, ganz gleich ob auf dem Teller Fleisch lag oder nicht.

Da kreuzten sich bei ihm die Kabel, wie man das so schön auf Spanisch sagt.

Was fiele mir ein, mit dieser Pseudo-Buddhistischen Attitude zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen sei. Dieses Argument würden, ach, so viele Leute bringen, es könne es nicht mehr hören. Fleisch essen sei das Schlimmste überhaupt. Sein Kopf wurde immer röter. Ich habe kein Problem mit Konfrontationen, nur mit einer Sache: Wenn Menschen denken, ihre Überzeugungen seien besser als die der anderen. Er versuchte mit seinem Gerede tatsächlich zu beweisen, dass ich ein schlechter Mensch war, weil ich Fleisch aß.

Irgendwann musste ich Stopp sagen.

»Du, es reicht. Ich werde nicht aufhören, Fleisch zu essen, egal, wie überzeugt du bist. Wir können ja dabei bleiben: agree to disagree.« Ich grinste ihn an, mein Versuch, zu lächeln.

Da saßen wir beide auf einmal, und es wurde still.

Was kann man sich danach noch sagen? »Wie geht es deinen Eltern?« oder »Wann spielst du wieder in Berlin?« Nein. Nach dieser Unterhaltung konnten wir uns nur noch verabschieden – ein entspanntes Gespräch war nicht mehr möglich. Mich ärgerte der Gedanke, dass er dachte, er sei besser, nur weil er vegan aß. Wie krank ich das fand (und finde es immer noch). Gemeinsam verließen wir das Restaurant. Wir gingen ein kurzes Stück zusammen, er bog dann zum Bahnhof ab, und das war das Ende der Kommunikation auf allen Kanälen.

Solche Episoden kamen mir in den Kopf, als ich beschloss, mich vegan zu ernähren.

»Ich bin keine Veganerin.«

Nicht so eine.

Aber vegane Ernährung schien der nächste logische Schritt für mich. Seit Februar ließ ich komplett Milchprodukte weg (nicht Laktose, sondern alle Micherzeugnisse), Eier, Sojaprodukte, auch alles weg (Ernährung nach Anthony William). Fleisch war bisher ein Weg für mich gewesen, etwas Abwechslung in meinen Speiseplan zu bringen. Mit B12 ergänzte ich bereits, das heißt, ich war schon mit einem Fuß da. Ich musste nur noch »hüpfen«.

Ich traf die Entscheidung. Ab jetzt – vegan.

Und dann hielt ich inne.

»Mist, bin ich jetzt eine von denen??«

Innerlich sträube ich mich noch, wenn ich daran denke, dass ich jetzt auch »vegan« bin. Wie die halt. Aber eben nicht wie die. Es war und ist immer noch schwierig, mich mit diesem Wort anzufreunden. Aber es geht mir eigentlich gut damit, weil es der richtige Schritt für mich ist. Und egal, wie man es nennt, am Ende sind die Taten wichtig und nicht die Worte.

Es gibt Menschen, die tun Dinge aus Überzeugung, und Menschen, die müssen andere überzeugen.

Die Linie dazwischen ist schmal, und rot, und nicht klar definiert. Auch, wenn wir uns das gerne wünschen würden.

PS. Dieser Text stammt vom September 2021 und bereits einen Monat später war ich nicht mehr vegan. Aktuell esse ich sogar überdurchschnittlich viel Tierprotein. Meine Zahngesundheit und meine allgemeine Gesundheit haben sich um Längen verbessert. Wie dem auch sei, die Tatsache, dass manche Menschen andere überzeugen wollen, bleibt. Das Thema liegt mir noch immer sehr am Herzen. Wie auch immer du deine Ernährung gestaltest – ich schätze dich und bin dankbar für dich.



Fünf Wege zum Flow





Nächster Beitrag Vorheriger Beitrag