Wenn das wahr wäre, hätten wir es schon längst erreicht, oder?
"Du musst nur wollen" gehört zu diesen schönen Sätzen, die wir uns gerne einrahmen und an die Wand hängen. Oder, schlimmer noch, einen Screenshot machen und nie wieder anschauen. Und, was dann? Davon spricht nämlich keiner. Keiner sagt, dass es manchmal eben nicht ausreicht, etwas wirklich zu wollen.
Es kann gut möglich sein, dass unser Projekt nicht von der Stelle kommt, weil es irgendwo in uns eine Instanz gibt, die, aus welchem Grund auch immer, uns davon abhält, das zu erreichen. Weil sie genau das ablehnt, oder verurteilt, genau die Sache, die wir auf die Beine stellen wollen. Und zwar tut sie das versteckt, weil wir nur mitbekommen: es geht nicht vorwärts. Es passiert alles unbewusst.
Es ist, als ob eine Lokführerin ihren ICE mit 200 km/h anfährt und gleichzeitig, ganz leise, im dunklen hinteren Teil in der Lokführerkabine, eine kleine Spionin grinsend auf die Bremse drückt. Die Lokführerin will ja nach vorne. Und gleichzeitig geht das nicht, weil ja der Zug bremst. So kommt der ICE nicht von der Stelle, und die Kraft, die für Antrieb verwendet wird, geht ins Leere. Die Lok fährt keinen Zentimeter voran.
Das nenne ich mal Ambivalenz. Ein reiner Kraftakt.
Da hilft kein "Du musst nur wollen".
Was hilft denn dann? Machen wir mal ein Experiment. Also, rein hypothetisch, und nur mal angenommen: Was wäre, wenn wir, anstatt uns mit dem Wollen zu beschäftigen, uns für einen kurzen Moment unsere versteckte, teilweise unbewusste Ablehnung anschauen? Ihr Raum geben, und den Scheinwerfer darauf halten, sodass wir die Ursache dafür finden und betrachten können? Mit der Bremse versucht die Spionin ja, auf sich aufmerksam zu machen. Geben wir ihr doch ein wenig davon, nur mal als Experiment.
Jeder von uns kennt diese Stimme, die uns ins Ohr flüstert. "Du bist nicht gut genug" oder "Eine Musikerin kann doch nicht wohlhabend sein!" oder "Du bist doch keine richtige Musikerin!!". Die Stimme ist ja da, und sie hat irgendwo einen Ursprung. Ich sag das jetzt schon: Der Weg dahin kann unangenehm sein, aber er lohnt sich, durch und durch. Finden wir nämlich diesen Ursprung, den Hintergrund, die unbewusste Backstory, die uns von der Hinterkabine aus beeinflusst und auf die Bremse drückt, passiert etwas Überraschendes. Denn dann halten auf einmal wir die Bremse in unserer eigenen Hand, können sie regelrecht anfassen. Dieser Ursprung hält die Lösung in sich inne, damit wir bewusst die Bremse freigeben.
Dann kann der Antrieb erst seine volle Kraft entfalten. Dann ist das Wollen tatsächlich, was uns ans Ziel führt.