Wahre Geschichte: Letzten Donnerstag steige ich in die S-Bahn; das erste Mal seit drei Monaten. Die Bahn ist recht voll. Ich setze mich hin, und gegenüber sitzt ein junger Mann. Hornbrille, roter Bart, Glatze. Ich trage eine Maske, er nicht. Dann schaut er mich auf einmal sehr komisch an. Blinzelt. Ich merke, dass er überlegt.

Ich schau komisch zurück. Was will der von mir??

Er sagt: "Ich glaube, ich habe dich irgendwo gesehen."

Jetzt merke ich es auch. Ich denk, das kann doch nicht wahr sein. Er hat mich erkannt und ich trage doch eine Maske?? Wie krass ist das denn.

Ich nehme die Maske langsam ab, dass er mein Gesicht sehen kann. Ich sage ihm noch nicht, dass ich ihn auch bereits wiedererkannt habe. Aber, ich muss gestehen, ich habe ihn nur erkennen können, weil er mich so mit den Augen fixiert hat. Ich wäre von mir aus nicht darauf gekommen.

Er ist immer noch dabei, im Kopf zu kramen. Schaut weg, schaut wieder hin. Ãœberlegt.

Dann löse ich das Mysterium auf. "Kann es sein, dass wir vor zwei Jahren ein Date zusammen hatten?"

Seine Augen weiten sich. "Ja, genau!"

Fast auf den Tag genau, zwei Jahre nach diesem Date, sitzen wir einander in der Berliner S-Bahn gegenüber. Was sind die Chancen…?

Sofort sind wir im Gespräch. Was hat sich getan bei dir? Und bei mir? Und so weiter. Ich weiß noch seinen Namen, er meinen nicht mehr.

Das Lustige ist, ein paar Tage oder Wochen vor dieser Begegnung hatte ich mich an ihn erinnert. Wie mag es ihm heute gehen? Und dann, zack, sehe ich ihn in der S-Bahn. Das sage ich ihm aber nicht. Es wäre doch lustig, sich wieder zu treffen, sage ich stattdessen. Noch einmal ein Date. Wir tauschen noch in der S-Bahn unsere Nummern aus, damals hatten wir das nicht gemacht. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß: Bereits 24 Stunden später wird er sich für ein Treffen disqualifiziert haben. Wir werden uns nicht wiedersehen. Aber das macht nichts, weder jetzt noch später. Weil ich etwas ganz anderes aus dieser zufälligen Begegnung mitnehme, während ich aussteige.

Was ich davon mitnehme ist, wie sehr ich in der Lage bin, Dinge in mein Leben zu bringen, mein Leben zu gestalten. Meine Gedanken haben hier wahrlich meine Realität geschaffen. Woran also denke ich nicht, weil ich es nicht im Entferntesten für möglich halte? Was könnte ich in mein Leben einladen, was einfach aus Blindheit nicht in mir auftaucht?

Denn dieses Treffen hat mir gezeigt: Wenn ich an etwas denke, werde ich es auch in mein Leben bringen können.

Ich hatte es einfach nur vergessen.






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