Ich muss zugeben, es war schon ein bisschen schräg, im Januar das Seminarhaus in Eisenberg abzusagen. Einiges war ungewiss für mich: Ein Flow-Seminar, online? Würde das tatsächlich gehen? Würde denn überhaupt jemand sich auf die Erfahrung einlassen, Resonanzlehre und Co. von mir im Online Format zu lernen? Würde ich die positive und offene Arbeitsstimmung auch online herstellen können, die ich aus meinen live Seminaren her kannte?
Ich sah mehr Vorteile als Nachteile; deshalb beschloss ich, es zu wagen.
1. Das erste Flow-Seminar basierte auf dem Mut und dem Vertrauen der Musiker*innen.
Eines ist sicher, dieses erste Online Flow-Seminar brauchte Vertrauen. Nicht nur Vertrauen in mich als Dozentin, sondern vor allem Vertrauen in das Format des Onlinekurses. Denn nachdem Frau C. uns besucht hat, sind die meisten Musiker*innen, mit denen ich heute zu tun habe, zu regelrechten Zoom-Profis geworden. Das Flow-Seminar ging am 25. Februar los, daher vor Frau C., und das bedeutete zu der Zeit schon ein großer Sprung ins Ungewisse für die meisten. Einige der Teilnehmer*innen kannten mich aus anderen Kursen von mir oder Einzelunterricht. Mehr als die Hälfte von ihnen, also 9 von 16, hatte noch nie mit mir gearbeitet.
Und ich denke, es braucht eine gehörige Portion Mut, um sich diesen neuen Formaten zu "stellen". Als überzeugte Offline-Menschen, die ich weiß, dass Musiker*innen in der Regel sind, sprangen manche Teilnehmer*innen des Flow-Seminars über ihren eigenen Schatten, um teilzunehmen. Das habe ich sehr wertgeschätzt.
Kurz: Wir waren alle ein wenig aufgeregt vor der ersten Livesession.😅
Und, tja, während des Seminars (vom 25. Februar bis 30 April 2020) wurden wir mehrfach überrascht. Da schließe ich mich als Flow-Flüsterin selbst mit ein. 😅 Hier sind einige Erfahrungen und Teilnehmerstimmen aus der ersten Runde des Online Flow-Seminars.
2. Das Online Flow-Seminar hat sich dem Liveseminar durchgesetzt.
Einige Teilnehmer*innen drückten im Laufe der Sitzungen aus und auch in den Feedbacks nach dem Seminar, dass sie das enorm überrascht hat, wie angenehm das Format für sie war. Die örtliche und zeitliche Flexibilität erleichterten das Integrieren der Inhalte in den Alltag der Teilnehmer*innen: Niemand muss nirgendwo hinfahren, um teilzunehmen, und man kann die Inhalte während des Seminars und auch im Nachhinein noch einmal anschauen und vertiefen. Auch war die Dauer des ersten Online Flow-Seminars deutlich länger mit 10 Wochen (8 Seminarwochen plus eine Pausewoche und einer Abschlusswoche) im Vergleich zu 3 einhalb Tagen in einem Seminarhaus. Melanie Schönbichler, stellvertretende Soloflötistin der Hofer Symphoniker, die bereits 2019 im Eisenberg Flow-Seminar dabei war und sich 2020 für die Online Version gleich mit angemeldet hatte, sagte dazu:
„Obwohl ich normalerweise den Direktkontakt vorziehe, finde ich in diesem Fall das Onlineseminar besser als ein Wochenend-Liveseminar. Das hängt aber auch mit der längeren Laufzeit zusammen, in der man die Inhalte häppchenweise serviert bekommt, und während des Seminars viele Dinge in Ruhe zu Hause ausprobieren und dann nachfragen kann.“ (Melanie Schönbichler, stellvetretende Soloflötistin der Hofer Symphoniker)
3. Vertrautheit und anregendes Arbeitsklima ist möglich trotz ausschließlich virtuellem Kontakt.
Meine Frage an mich selbst vor dem Beginn des Flow-Seminars war: Würde ich die Stimmung und das Gruppengefühl in den Livesessions auch Online aufbauen können? In Live-Seminaren von mindestens 2 Tagen weiß ich, dass ich in der Lage bin, das Gruppengefühl und Vertrautheit zwischen den Teilnehmer*innen aufzubauen. Das ist für mich unabdingbar, wenn es darum geht, an so persönliche Themen zu arbeiten wie Klangqualität, Emotion, eigenes Gefühl für die Musik, eventuell sogar Lampenfieber. Und tatsächlich, es war möglich. Ich hörte immer wieder wertvolles und wertschätzendes Feedback der Teilnehmer*innen untereinander. Wir hatten eine sehr aktive Lerngemeinschaft im Online Flow-Seminar. Die Mischung aus Berufsmusiker*innen und engagierten Laien machte, dass nicht nur die Gespräche bereichernd für alle waren, sondern dass sowohl Profis als auch Laien von der Gruppe enorm profitierten.
"Es war neu für mich so übers Internet zu lernen. Ich hätte nicht gedacht, dass der Austausch mit den Seminar-Kollegen und das Lernen von deren Fragen/Randbemerkungen etc. für mich so viel bedeuten würde. Trotz der grossen räumlichen Distanz hat sich ein super Gruppengefühl eingestellt: ich werde die "Herde" sicher vermissen!“ (Astrid Leuthold, Violine, Zürich)
"Über die online-Gruppe entsteht eine Verbindung mit vielen anderen wunderbaren Musikerinnen und Musikern und Amateurinnen und Amateuren, die alle gleichzeitig anders und doch ähnlich unterwegs sind.“ (Teilnehmerin)
4. Klangliche Unterschiede waren selbst online deutlich zu hören.
Das muss man erstmal verdauen als Musiker*in. Weil - klar macht live immer mehr Spaß, darum geht es nicht. Live bekommen wir mehr Nuancen mit, natürlich. Und auch Online bekommen wir so viel mit, dass es durchaus ein qualitativer Ersatz ist zum Präsenzunterricht. Und das konnten die Teilnehmer*innen selbst erfahren. Für mich ist der Musikerkörper ein offenes Buch. Wenn ich online Einzelcoachings am Instrument gebe, ist das eine Sache, auf die ich immer zugreifen kann, um Musiker*innen zu beraten. Auf meinen Eindruck von der Bewegung (ein Erfahrungswert, nachdem ich mich 10 Jahre mit dieser Arbeit beschäftige) und auf meinem inneren Gefühl kann ich mich verlassen. Was uns im Flow-Seminar alle überraschte, war, dass auch die Teilnehmer klangliche Unterschiede spüren und hören konnten, selbst ohne viel Erfahrung damit, selbst an einem einzigen Gitarrenton.
"Mich hat überrascht, dass manche [in den Sessions] Livemusik gemacht haben und diese Unterschiede spürbar werden, von Version zu Version. Dass solch tief berührende Momente geschehen konnten wie mit [Person 1] oder [Person 2] oder mir, und so weiter. Weil mich das mit berührt und mit verändert hat.“ (Teilnehmerin)
5. Statt live Vorführungen der Körperübungen der Resonanzlehre funktionieren kurze Videos zum Mitmachen. Vielleicht sogar noch besser.
Ich muss es zugeben: ich hatte es im Kurs auch so angelegt. ;-) Neu war, dass ich zum ersten Mal den Teilnehmer*innen des Online Flow-Seminars exklusiv die Videos der Körperübungen der Resonanzlehre im Stehen und im Sitzen zur Verfügung stellte. Voraussetzung zur Teilnahme am Online Flow-Seminar ist das persönliche Commitment eines jeden Teilnehmers und Teilnehmerin, jeden Tag für 20 Minuten diese Übungen zu praktizieren. Diese Videos entfalteten ihre Wirkung bereits bevor das Flow-Seminar so richtig losging. Gleich beim ersten Live-Treffen berichtete eine Teilnehmerin spontan, sie habe in der Früh die Körperübungen vor dem Üben praktiziert und das Üben selbst sei so viel anders gewesen. Alleine nur durch die Bewegungen in den Videos.
"Die Übungen sind so sanft und dennoch sehr wirksam.“ (Helga Bieber, Harfe)
"Die Symptome von Nacken- und Schulterschmerzen haben sich verbessert; ich achte beim Üben viel mehr auf Lockerheit, Atmung, Kiefer etc., nehme meinen Körper viel bewusster wahr.“ (Werner Kiefaber, Gitarre, Ratingen)
6. Dass der Besuch von Frau C. mitten im Flow-Seminar stattfand, stellte sich als ein Segen für viele Teilnehmer*innen (und auch mich selbst!) heraus.
Wir waren in der dritten Seminarwoche, als der Lockdown ausgerufen wurde. Das war genau die eine Pausewoche, in der ich nach Ellwangen für eine Fortbildung für den Verband der Musikschulen Ostwürttembergs gestalten sollte. Ich fuhr nach Ellwangen für Einzelcoachings, die geplant waren (die Fortbildung war verschoben worden). Als ich zurückkehrte, war alles anders. Ich konnte zwar für andere Musiker*innen da sein, wenn es darum ging, online zu unterrichten, aber auch bei mir war vieles ungewiss, und der soziale Kontakt zu Freunden und Schülern wurde unterbrochen. In dem Moment gaben mir die Sitzungen des Flow-Seminars, jeden Donnerstag um 10 Uhr morgens, ein Stück Normalität wieder.
Auch von Seiten vieler Teilnehmer*innen hörte ich, dass die erzwungene Pause durch Corona sie einfach stärker mit dem Flow-Seminar verband, da er auch ihnen Kontinuität geben konnte. Oder sie hatten einfach auch Zeit, sich tiefer mit den Inhalten zu beschäftigen. Oft waren es diejenigen mit kleinen Kindern zu Hause, die auf einmal eher weniger an den Treffen teilnehmen konnten. Oder diejenigen Musiker*innen, die sich beim Flow-Seminar angemeldet hatten, um ihrer Probespiel-Aktivität einen guten Schwung zu geben, konnten natürlich auch keine Probespiele mehr machen. Es war auch einfach die Luft raus. Und trotzdem war die Gruppe da, und man konnte einfach bei ihr andocken. Das hat uns allen gut getan, und so ist auch ein starkes Gruppengefühl entstanden.
7. Der Bonus des Onlinekurses InnerFlow stellte sich als die perfekte Ergänzung zum Flow-Seminar heraus.
Eines der Bonus-Inhalte zum Flow-Seminar war ein kurzer (und für mich neuer!) Kurs zum Thema Zeitmanagement für Musiker*innen. Entstanden war die Idee im September 2019, als ich eine Umfrage machte und viele angaben, sie würden gerne mehr Zeit haben zum Üben. Ich gehe ja davon aus, dass Musiker*innen nicht ihre Zeit, sondern ihre Aufmerksamkeit und ihre Energie managen müssen, und vor allem, wie sehr sie erlauben, dass andere in ihre Zeit "reinpfuschen". (Meines Erachtens sind Musiker*innen gar nicht gut im Nein sagen.)
Ich bot also den Kurs im April an, und 6 ganz neue Teilnehmer*innen steigen ein, plus 13 des Flow-Seminars, die sich kostenlos anmelden durften. Leider überlappten sich beide Kurse um eine Woche, sodass die Teilnehmer*innen des Flow-Seminars ein bisschen in Stress kamen, beiden Kursen zu folgen. Das ist meiner Meinung nach nicht so gut gelaufen, und das habe ich daraus gelernt: Niemals zwei Kurse gleichzeitig laufen lassen (bzw. nicht mit denselben Teilnehmern!). Aber ansonsten war dieser Kurs für viele die perfekte Ergänzung zum Flow-Seminar - denn sie konnten mit den Techniken die ich ihnen zeigte, sich mehr Raum und Zeit schaffen, sich mit den Dingen zu beschäftigen, die ihnen am Wichtigsten waren: für viele war es mehr und intensiver zu Üben, für manche war es einfach auch ein Traumprojekt in die Wege zu leiten, wie z.B. ihr Buch zu schreiben.
Am Ende war dann meine eigene Überraschung bzw. Erkenntnis: InnerFlow war kein Onlinekurs sondern, was man als Mastermind bezeichnet. Mastermind bedeutet: Jeder arbeitet an seinem eigenen Projekt und die Gruppe bzw die Kleingruppen geben Unterstützung, dieses Projekt weiterzuführen.
In jedem Fall werde ich das wieder so machen, dass die Teilnehmer*innen des nächsten Flow-Seminars am InnerFlow Kurs kostenlos werden teilnehmen dürfen. Ich finde so toll, wie meine Arbeit jetzt so nach und nach zusammenkommt, und die Puzzleteile sich zusammensetzen.
8. Das Flow-Seminar hat sich nicht nur aufs Üben ausgewirkt.
Viele der Teilnehmer*innen begannen bald, die Körperübungen mit in den Unterricht mit ihren Schüler*innen zu integrieren - mit weittragenden Folgen. Eine Teilnehmerin konnte ganz anders an Schüler*innen herankommen, bei denen es weder vor noch zurück ging, dank der Erfahrungen, die sie im Flow-Seminar gemacht hatte. (Dieses Phänomen kenne ich selbst natürlich auch aus meinem Klavierunterricht - und in den allermeisten Fällen kann ich auf meine Erfahrungen als Flow-Flüsterin zugreifen, um meinen Schüler*innen ein Weiterkommen zu ermöglichen, das gerade nicht darin besteht, zu sagen: "Du musst einfach mehr üben.")
Andere Teilnehmer*innen des Flow-Seminars sahen in der gemeinsamen Arbeit und an meiner Herangehensweise eine Bestätigung ihres eigenen Gefühls für die Musik - und gewannen an neuer Kraft, ihren ganz persönlichen Weg weiterzugehen. Auch das ist ein Effekt, den mein Unterricht hat - dass es auch hier stattgefunden hat, in diesem Online Gruppenformat, hatte ich nicht erwartet.
Das Online Flow-Seminar in Worten der Teilnehmer*innen:
"Liebe Maria, mir geht es jetzt seit den letzten Tagen und Wochen besser, da die Interaktion mit euch auf diesen Plattformen mir viel Selbstvertrauen gegeben hat. Deine Übungen und Anregungen sind jetzt für mich ein großer Anker und ein guter Wegweiser in Richtung Autonomie und Unabhängigkeit, nicht nur beim Üben…"
"Das Flow-Seminar ist ein toller Kurs, um einen Rundumblick auf dich als MusikerIn zu bekommen. Du lernst tolle Körperübungen, die dir helfen, mühelos zu musizieren. Maria gibt außerdem Anregungen zum effektiven Üben, Tipps zur mentalen Vorbereitung auf Auftritte und Anregungen für das Unterrichten.“
"Ich habe gelernt, mich mit ganzem Körper und ganzer Seele der Musik zuzuwenden.“
"Das Flow-Seminar öffnete mir neue Tore. Es ist ein unerschöpfliches Füllhorn mit reichhaltigen Ideen. Es fühlt sich gut an, mit der Perspektive, die Arme hochkrempeln zu wollen und anzupacken. Der Stamm findet starke Wurzeln und einen tragbaren Boden." (Roman Guggenberger, Violoncello, Stuttgart)
Und zuletzt hat mich das Feedback einer Teilnehmerin sehr berührt - wie ich fand, sehr auf den Punkt gebracht:
"Wenn du den Wunsch hast, dich zu verändern, mit deiner Musik, und/oder in deinem Leben - dann begleitet dich das Flow-Seminar acht Wochen lang auf eine möglicherweise tief innen berührende Reise zu dir selber und zu deinen inneren bereits irgendwo angelegten Änderungen und nächsten Schritten... Das Flow-Seminar bewegt mehr als "nur" die Musikerin in dir.“